Schweiz Unterwegs

Balthasar Burkhards tierischer Schönheitswettbewerb

Das Fotomuseum Winterthur und die Fotostiftung Schweiz präsentieren zurzeit eine umfangreiche Retrospektive über das 50-jährige Schaffen des Berner Kunstfotografen Balthasar Burkhard. Zur Freude seiner Fans sind auch die Tierportraits des kartonierten Kinderbuches  „Klick!“, sagte die Kamera. ausgestellt.

Balthasar Burkhard hat seine Sujets nicht abgebildet, sondern auf Leinwänden, grossformatigen Tableaus und Silbergelatine-Abzügen inszeniert. So auch die schwarz-weissen Tierportraits für das Kultbuch «Klick», sagte die Kamera. , die er zwischen 1995-1997 aufnahm. Es muss eine wahre Herausforderung gewesen sein, die Tiere dazu zu bringen, brav zu posieren! Der Journalist Markus Jakob erzählt aus der Perspektive der scheuen Eselin dieses Stelldichein: Sie beobachtet den Fotografen und die verschiedenen Tiere, die alle mit ihrer Eigenart glänzen wollen und ihre Aufwartung machen – mehr oder weniger kooperativ! Dabei erfährt man in seinen kurzen und witzigen Texten so einiges über den Charakter und die Herkunkft der 20 posierenden Tiere wie Bison, Elefäntin und Nashorn und Co; die Eselin unterhält sich darüber mit einem Bären und verliebt sich in einen Hengst.

Tierfotografien in der Fotostiftung in Winterthur, Quelle: Fotomuseum Winterthur

Inspiriert von der Konzeptkunst reduzierte Burkhard seine Bilder bereits 1970 inhaltlich auf das Minimum – auf einen Kehrichtsack auf Baumwolltüchern oder ein auseinander gefaltetes Papier auf einem Holzboden: «Ich wollte alles weglassen, was mich betraf, damit übrigbleibt, was mich wirklich betrifft: Ich gewann Distanz zu mir und meiner Arbeit.» Interessanterweise überträgt sich dieses Motto auch auf den Betrachter, denn die Fotografien von Burkhard entwickeln gerade durch ihre minimalistischen Darstellungsformen eine grosse Anziehungskraft. Nichts lenkt ab, nichts stört und so kann sich die Fantasie frei entfalten, was auch zu eigenen Erzählungen inspiriert. Das kartonierte Fotobuch „Klick!“, sagte die Kamera. bietet einen unterhaltsamen Einstieg in die Welt der Kunstfotografie und eignet sich perfekt als generationenüberspannende Leselektüre.

„Klick“, sagte die Kamera. von Balthasar Burkhard, 1997/2017 Verlag Lars Müller Publishers, ISBN 978-3-03778-550-8, Preis 28.90 Fr.

 

Selbsportrait auf Leinwand, Balthasar Burkhard 1979

Balthasar Burkhard machte seine Lehre beim bekannten Fotografen Kurt Blum. Er war bereits früh künstlerisch tätig und verkehrte in den 60er und 70er Jahren in der Schweizer Künstler Szene. In dieser Zeit dokumentierte er auch die kontroversen Ausstellungen der neuen Konzeptkunst in der Berner Kunsthalle, welche ihn wohl nachhaltig beeinflussten. So spielte für ihn die Raumgestaltung beim Fotografieren eine zentrale Rolle. Es erstaunt daher nicht, dass er sich auch als Architekturfotograf einen Namen machte; in der Ausstellung ist sein fotografischer Essay über die Ricola-Werke von Herzog & De Meuron zu sehen. Burkhard war vielseitig und hat sich immer wieder neu erfunden. Er versuchte sich als Schauspieler im Film «Eiskalte Vögel» oder dozierte als Lehrbeauftragter für Fotografie an der Universität von Illinois. Grosse Bekanntheit erlangte er 1997 mit seinen Tierfotografien im kartonierten Kinderbuch «Klick», sagte die Kamera.. So unterschiedlich die Arbeiten und Aufträge Burkhards auch waren, sie überzeugen alle durch eine elegante, kühle Ästhetik. 2010 ist Balthasar Burkhard gestorben. In der Ausstellung kann man jedoch seinen attraktiven Selbstportraits begegnen, die er von Polaroids und Diapositiven auf grosse Leinwände druckte. Eindringlich und streng blicken seine dunklen Augen auf die Besucher. Ob er geahnt hat, dass er einst als Ikone der Kunstfotografie in die Schweizer Kulturgeschichte eingehen würde?

Das Fotomuseum Winterthur und die Fotostiftung Schweiz zeigen noch bis zum 21. Mail 2018 die Retrospektive über Balthasar Burkhard (1944-2010)

SRF Video über die Ausstellung Balthasar Burkhard

 

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