Reiseabenteuer

Doch mehr als nur „die Bösen gegen die Guten“

Hammond Innes - Die Fährte der Elefanten

Text und Bilder von Jana Kilchenmann, 3. Oktober 2014

Es ist ein altes Buch, das ich in den Händen halte. Es riecht nach Schrank, nach Staub, aber keinesfalls modrig, sondern eher nach Jahren sorgfältiger Aufbewahrung. Die Deckel sind abgegriffen und in einem erdigen Orange, die Seiten leicht gegilbt. Nur auf dem Buchrücken lässt sich noch der Titel ablesen: „Die Fährte der Elefanten“ von Hammond Innes. Wahrscheinlich hat früher noch ein Umschlag dazugehört, auf dem ein Bild auf der Frontseite und eine kurze Zusammenfassung hinten schon einige Anhaltspunkte gegeben hätten. Doch so wusste ich in keiner Weise, was mich erwarten wird. Einzig die Kenntnis darüber, dass der Autor ausschliesslich Abenteuerromane schrieb, lässt mich erahnen, dass mich wohl Spannung durch die Geschichte tragen wird.

Und so finde ich mich dann in Ostafrika während den 60ern/70ern wieder. Ein Krieg zwischen Kenia und Tansania und eine längere Dürreperiode haben die Wildbestände auf ein Minimum reduziert. Denn die Regierung hat die Tiere als Nahrungsquelle für die Armee genutzt, um eine Hungersnot zu vermeiden. Hammond Innes nutzt die Ich-Perspektive als Erzählform. Dabei wird der Protagonist in diese Situation praktisch hineingeworfen, wollte er doch lediglich eine Tiersendung für eine britische Fernsehkompanie drehen. Doch dann kommt alles anders. Der untergetauchte Aktivist Cornelius Van Delden schafft es, auf einer wichtigen Konferenz medienwirksam zu sprechen und ab diesem Punkt verteilen sich die Rollen neu.

Für seine Abenteuerromane begab sich Hammond Innes jeweils über sechs Monate auf Reisen bevor er im Anschluss gleich viel Zeit dafür aufwendete, um das Manuskript zu verfassen. Das Wohl der Natur und ihrer Bewohner waren ihm ein grosses Anliegen und das spiegelt sich in diesem Werk besonders stark wieder. Es ist genauso ein politisches Buch wie auch eine Hommage an die Dickhäuter. Innes betont in seinem Nachwort: „Ich möchte deshalb meine Leser bitten, daran zu denken, dass der Käufer eines Elfenbeingegenstands direkt verantwortlich ist für den langwierigen, schleppenden Tod eines weiteren Elefanten. Keine Käufer, keine Wilderer – so einfach ist das.“

Hammond Innes, der 1913 in England geboren wurde und im Alter von 86 verstarb schrieb bis kurz vor seinem Tod über dreissig Abenteuerromane, die in allerlei Sprachen übersetzt und einige davon sogar verfilmt wurden. Ein Grossteil seiner Bücher spielen auf hoher See. So gesehen sticht „Die Fährte der Elefanten“ aus dem Gesamtwerk heraus. Zweierlei haben jedoch alle Romane gemeinsam: Die Natur ist den Charakteren nie wohl gesonnen und die Protagonisten sind nie typische Helden. Es könnte Jeder sein, der sich in dieser Situation befindet und das bietet grosses Identifikationspotential für den Leser.

Auch die Sprache, derer Innes sich in „Die Fährte der Elefanten“ bedient, macht eine Reise durch. Mal präzise und ein Satz folgt wie ein Hammerschlag auf den Nächsten. Dann wird es aber wieder lang, holprig und verschachtelt. Ob es sich um einen absichtlichen Kunstgriff handelt, ist schwer zu sagen.

Neben dem Protagonisten spielen unzählige Charaktere eine Rolle. Den meisten kann man gleich vertrauen oder sie zumindest schnell und klar einordnen. Die Aufteilung ist fast schwarz-weiss: die Bösen gegen die Guten, was die Darstellung ziemlich plump macht. In seinem schieren Aktivismus hat Hammond Innes ausserdem viel zu viele Themen unterzubringen versucht. Nur schwer lässt sich ein roter Faden ausmachen, der sich wirklich durchzieht. Obwohl das aber manchmal zuerst für Verwirrung sorgt, ist es die Rettung der Geschichte selbst. Denn die Handlung lässt sich trotz der klaren Rollenaufteilung kaum absehen und bleibt darum spannend. Alles könnte passieren, an jedem Punkt in diesem Werk.

Leider gibt es die meisten Romane von Hammond Innes nur noch aus zweiter Hand zu kaufen, so auch dieses hier. Als ebooks findet man einige Titel jedoch in den gängigen Shops zum Download. Das Buch ist am ehesten der Sparte Jugendliteratur zuzuordnen, doch bietet es für jedes Alter spannende Aspekte, insbesondere für Afrika-Interessierte. Weil man als Leser schnell in die Geschichte hineingezogen wird, liest sich das Buch zügig und ist ideal für unterwegs.

 

Hammond Innes - Die Fährte der Elefanten
Die Fährte der Elefanten (Originaltitel: The Big Footprints) – Hammond Innes
List Verlag (Ullstein Buchverlage), 1977, aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt von Helga Künzel

Nächsten Freitag reisen wir mit Dominique Götz „a wee bit“ nach Schottland.

 

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